Tagungsbeitrag

Jakobs, Dörthe:

Pigmentveränderungen in der Wandmalerei oder kann Chemie auch Kunstgeschichte?

"Kunst wird erst dann interessant, wenn wir vor irgendetwas stehen, das wir nicht gleich restlos erklären können" (Christoph Schlingensief). Viele Mechanismen von Pigmentveränderungen sind bekannt und allgemein geläufig. Als ein prominentes Beispiel können die Verschwärzungen von Bleimennige und Bleiweiß in überwiegend wässrigem Medium gelten. Andere Pigmentveränderungen sind seltener und somit auch weniger erforscht, wie beispielsweise die Umwandlung von goldgelbem Auripigment zu weiß-grauem Calciumarsenat oder das "Verblassen" von nicht lichtechten modernen Pigmenten. Ungeachtet möglicherweise bekannter chemischer Prozesse ist der Umgang mit Pigmentveränderungen immer wieder neu zu hinterfragen. Was ist ethisch verantwortbar? Welche Prämissen sollten uns beim Umgang mit Pigmentveränderungen leiten? Welche Informationen lassen sich an unbehandelten Materialproben gewinnen? Und umgekehrt, ist jeder Eingriff mit der Vision, einen in seiner Ästhetik vermeintlich ursprünglichen Zustand zu erzielen, auch wirklich ein Gewinn?
Der Beitrag befasst sich mit Pigmentveränderungen in der Wandmalerei und fragt anhand verschiedener Beispiele nach den verschiedenen Sichtweisen der Betrachter.

Dr. Dipl.- Rest. Dörthe Jakobs ist Kunsthistorikerin und Restauratorin für die Konservierung und Restaurierung von Wandmalerei und Architekturoberflächen. Dörthe Jakobs ist Oberkonservatorin am Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg und Mitglied in der AG Konservierung-Restaurierung des Deutschen Nationalkomitees von ICOMOS. Kontakt: doerthe.jakobs@rps.bwl.de