Tagungsbeitrag

Laue, Steffen:

Der Mund wurde schwarz – Pigmentumwandlungen in der Baudenkmalpflege

Pigmentumwandlungen an gebautem Kunst- und Kulturgut lassen sich an farbig gefassten Oberflächen wie Innen- und Außenfassaden, Wandmalereien, Skulpturen, Plastiken und Einbauten auf unterschiedlichen Materialuntergründen wie Putz-, Stuck-, Stein, Holz oder Metalluntergründen finden. Im erweiterten Sinn gehören dazu auch Umwandlungen farbiger Minerale als Bestandteile von Bausteinen und Putzen wie Limonit (Lepidokrokit, Goethit, färbende Eisenhydroxid-Minerale) zu Hämatit (Eisenoxid) durch Brandeinwirkung (Hitze).
Ob Pigmente sich umwandeln, liegt in ihrer chemischen Konstitution bzw. Mineralogie und ihren physikalischen Eigenschaften (u. a. Löslichkeit) begründet. Pigmente mit Metallionen, die mehrere Oxidationsstufen einnehmen können, wie beispielsweise Kupfer, Blei oder Eisen, sind in unserer sauerstoffhaltigen Luft besonders gegenüber Redoxreaktionen anfällig. Hinzu kommen besonders im Bereich der Baudenkmalpflege große Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen bis hin zur Kondensation an Oberflächen, die die Oxidation von Metallionen und die Reaktion mit Wasser (Löseprozesse und Wassermolekülaufnahme) begünstigen. Darüber hinaus trug die anthropogene Umweltbelastung insbesondere in den letzten beiden Jahrhunderten durch Schadgasausstoß zum Angebot von Sulfat, Nitrat und Chlorid auf Baudenkmaloberflächen bei. Nicht zu vergessen ist die elektromagnetische Strahlung, die besonders im Außenbereich mit Energiezufuhr die Umwandlungsprozesse beschleunigen kann. Ganz entscheidend aber, ob eine Umwandlung eines Pigmentes stattfindet oder nicht, ist die Art und Zusammensetzung des Bindemittels, mit dem es auf einer Oberfläche ummantelt ist. Im Gegensatz zu Ölen, Harzen und Wachsen, die im Bereich der Baudenkmalpflege eher eine untergeordnete Rolle spielen, reagieren wässrige Bindemittel wie Proteine oder Polysaccharide verstärkt bei Klimaschwankungen mit schwankenden Luftfeuchtegehalten und begünstigen Mineralumwandlungen.
Beim Verdacht einer Pigmentumwandlung sollte die Oberfläche gezielt interdisziplinär mit verschiedenen Methoden analysiert werden, um klarzustellen, ob es sich wirklich um eine Pigmentumwandlung (oder evtl. um eine Verschmutzung) handelt und um gezielte Aussagen zu einem möglichen Umwandlungsprozess ableiten zu können.
Die oben genannten Prozesse werden mit Hilfe von vielen Fallbeispielen aus dem Bereich der Baudenkmalpflege belegt: u. a. Oxidation von Mennige und Bleiweiß, Bildung unterschiedlich farbiger Blei- und Kupfersulfate sowie Blei- und Kupferchloride, Umwandlung von Zinnober sowie Hämatit zu Limonit und vice versa, Farbveränderungen bei Vivianit, Umwandlung von Kreide zu Gips.
Viele der präsentierten Ergebnisse von unterschiedlichen Fallbeispielen sind in interdisziplinärer Zusammenarbeit während systematischer Untersuchungen in den letzten beiden Jahrzehnten an verschiedenen Baudenkmalen im Land Brandenburg entstanden. Der Dank gilt insbesondere Mechthild Noll-Minor, Bärbel Arnold, Ellen Egel und Hans Burger (Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Museum), Frank Schlütter (Materialprüfanstalt Bremen), Martin Ziemann (Institut für Geowissenschaften, Universität Potsdam), Ute Joksch (Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin – Brandenburg) und Jan Raue (Fachhochschule Potsdam).

Prof. Dr. Steffen Laue hat Geowissenschaften studiert und über Salzverwitterung an Denkmälern promoviert. Seit 2004 ist er Professor für die naturwissenschaftlichen Fächer im Studiengang Konservierung und Restaurierung der Fachhochschule Potsdam. Kontakt: steffen.laue@fh-potsdam.de