Tagungsbeitrag

Noll-Minor, Mechthild; Burger, Hans:

„Gelb oder Himmelsblau in der Mandorla des Weltenrichters“ - Beobachtungen zur Maltechnik von Wandmalereien des 14.-15. Jahrhunderts

Ein gelber Marienmantel oder ein ockerfarbener Himmel, graue Sterne und olivbraune Liliendarstellungen: Irritierende Details, die uns in den erhaltenen gotischen Wandmalereien im Land Brandenburg begegnen und nicht den Vorstellungen von mittelalterlicher Farbikonografie entsprechen, deuten auf Veränderungen der verwendeten Farbmittel. Durch restauratorische Beobachtungen und naturwissenschaftliche Untersuchungen konnten Erkenntnisse zu teilweise überraschend experimentell erscheinender historischer Maltechnik als einer der Ursachen für die Farbumwandlungen gewonnen werden. Zu den im Vortrag vorgestellten Beispielen gehören als Vorläufer der bei der Tagung besonders interessierenden Phase des frühen 15. Jh. Wandmalereien der ersten Hälfte des 14. Jh. in der Marienkirche in Frankfurt (Oder) und in der Franziskanerklosterkirche in Angermünde. Als Beispiele vom Ende des 14. Jh. werden Fragmente einer Kreuzigung aus der Maria-Magdalenen-Kirche in Eberswalde, die Mondsichelmadonna der Marienkirche in Frankfurt (Oder) und die Evangelisten der Stadtkirche in Beeskow angeführt. Die Weltenrichter-Darstellung (nach 1430) im Chor der Brandenburger Johanniskirche zeigt ein heute gelb erscheinendes „Himmelsloch“ in der Mandorla, welches auf die Veränderung des Blaupigmentes Vivianit zurückgeführt werden konnte. Die Weltenrichterdarstellung konnte wie die beiden flankierenden Szenen während der Freilegung beprobt und untersucht werden. Dabei wurde die Migration von fluoreszierenden Malschichtanteilen in die darüber liegenden Tünchen unter UV-Strahlung dokumentiert. Als zeitgenössisch zur Ausmalung im oberen Kreuzgang werden weitere Wandmalereien vom ersten Drittel des 15. Jh. herangezogen: Hierzu gehören die Gewölbemalereien aus dem Chor der Herzberger Marienkirche und der Südkapelle der Jüterboger Nikolaikirche, der Stadtkirche in Plaue und eine Kreuzigung in der Brandenburger Katharinenkirche.

Dipl.- Rest. Mechthild Noll-Minor studierte Restaurierung in der Spezialisierungsrichtung Wandmalerei und Architekturfarbigkeit an der Hochschule für Bildende Künste Dresden. Nach elf Jahren selbständiger freiberuflicher Tätigkeit ist sie seit dem Jahr 2003 Leiterin des Referates Restaurierung/Bauforschung am Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege und Archäologischen Landesmuseum. Hier obliegt ihr die fachliche Vorbereitung, Beratung und Betreuung von Restaurierungs- und Bauvorhaben im Land Brandenburg und die Leitung von Restaurierungs- und Forschungsvorhaben des BLDAM.

Dipl.-Rest. Hans Burger, Vorstudium der Malerei und Grafik an der HGB Leipzig, Studium der Restaurierung an der HfBK Dresden, Fachrichtung Wandmalerei und Architekturfassung.
Ab 1989 angestellt bei der Berliner Arbeitsstelle des Instituts für Denkmalpflege. Seit 1991 im BLDAM, im Referat Restaurierung zuständig für Putz und Farbe an Baudenkmalen vor allem in den nördlichen Teilen Brandenburgs, seit 2017 auch für Glasgestaltung und -restaurierung.