Tagungsbeitrag

Vogtherr, Thomas:

Das Godehard-Kloster in den spätmittelalterlichen Reformen

Das Kloster St. Godehard in Hildesheim teilte im 14. und frühen 15. Jahrhundert die allgemeinen Niedergangserscheinungen des benediktinischen Mönchtums. Dennoch wurden Versuche, Kloster und Konvent im Sinne der Wiederherstellung der Vita Communis, der Aufhebung der Trennung zwischen Abts- und Konventsgut und der Rückkehr zum monastischen Armutsideal von den Mönchen zunächst erfolgreich zurückgewiesen. In einem ersten, knappen Teil wird der Vortrag die vorbursfeldische Phase der Reformbemühungen skizzieren, nach den Argumentationen dieser Reformgegner fragen, um sie in den von der Forschung zunehmend beachteten Diskurs dieser Kreise einzubinden, aber auch die aktive Beteiligung der Godehard-Äbte an den Provinzialkapiteln seit 1422 in den Blick nehmen.
Im Jahre 1466 erfolgt der Abschluss des Klosters an die Bursfelder Reform unter dem aus Huysburg stammenden Abt Lippold. Die Huysburger Prägung des Konventes und der von Abt Lippold (1465-73) geprägten folgenden Godehard-Äbte verdient ebenso eine genauere Betrachtung wie die damals entstehende Klosterhistoriografie (Johannes Legatius), die ein typisches Merkmal bursfeldischer Reformklöster darstellt und im zweiten Teil des Vortrages zu behandeln ist.
Drittens schließlich muss das Wirken der Godehard-Äbte in der Bursfelder Kongregation seit 1466 betrachtet werden, in der Abt Lippold bereits 1470 als Mitpräsident eine herausragende Position einnimmt. Er und sein Nachfolger Bertram (1473-1493) markieren in ihrem Engagement für die Kongregation – auch in ihrer Hinwendung zur Theologie als Wissenschaft – eine besonders herausragende Phase der Klostergeschichte innerhalb des norddeutschen Benediktinertums, während der das Kloster nach St. Michaelis in Hildesheim unbestritten die zweite Position unter den norddeutschen Klöstern zu behaupten versteht, ehe sich das Kloster unter dem gelehrten Abt Henning (1493-1535) der Reformation zu stellen hat. Gegenstand dieses Vortragsteils werden auch Überlegungen zur Rolle der Bildung in der Bursfelder Union sein.

Prof. Dr. Thomas Vogtherr, Studium der Geschichte, Germanistik und Osteuropäischen Geschichte, Habilitation für Mittlere und Neuere Geschichte und Historische Hilfswissenschaften, von 1993 bis 2001 a. o. Professor für Historische Hilfswissenschaften einschl. Archivkunde an der Universität Leipzig, seit 2001 Professor für Geschichte des Mittelalters an der Universität Osnabrück.
Hauptarbeitsgebiete: Kirchengeschichte des hohen und späten Mittelalters, besonders Geschichte des Benediktinertums, niedersächsische und norddeutsche Landesgeschichte, Historische Hilfswissenschaften, besonders Diplomatik.
Kontakt: thomas.vogtherr@uni-osnabrueck.de